Papier: 3.02.03 Der „Internetanschluss“ als Diensteinfrastruktur – das Verhältnis geschlossener Dienste zum „offenen Netz“

Originalversion

1 Eine besondere Perspektive ergibt sich daraus, dass immer
2 mehr Dienste, die früher anders technisch realisiert wurden,
3 auf das IP-Protokoll umgestellt werden („All IP“). Dies gilt
4 für Fernsehen (IP-TV) gleichermaßen wie für die
5 Sprachtelefonie (Voice over IP / VoIP) oder auch einige
6 Video- oder Music-on-Demand-Dienste. Diese Angebote stehen
7 technisch teils als dedizierte Dienste neben dem World Wide
8 Web als einem weiteren IP-basierten Dienst. Innerhalb des
9 WWW gibt es wiederum Dienste mit vergleichbaren Angeboten,
10 die von den Nutzern entsprechend teils als Substitut
11 betrachtet werden, etwa WebTV oder Music- oder
12 Video-on-Demand-Dienste.
13
14 Der „Internetanschluss“ eines Kunden bedeutet damit bei
15 breitbandigen Anschlüssen heutzutage in der Regel die
16 Zurverfügungstellung einer technischen Infrastruktur, auf
17 der verschiedene Plattformen und Dienste bereitgestellt
18 werden können. Dazu zählen neben dem Zugang zum „offenen
19 Internet“ mit seinen verschiedenen Services[1] und
20 Protokollen insbesondere auch die beschriebenen dedizierten
21 IP-Services. In der Regel werden für diese dedizierten
22 Dienste Bandbreiten im Anschlussnetz reser-viert, d.h.
23 dieser reservierte Teil steht zumindest bei laufendem Dienst
24 für andere Dienste, etwa die sonstige Internetnutzung, nicht
25 zur Verfügung.
26
27 Der „Internetanschluss“ ist heute faktisch somit ein
28 „Diensteanschluss“ für verschiedenste Services, wobei die
29 technisch zugrunde liegende Zugangs-Infrastruktur
30 differieren kann. Ein Kunde kann z.B. über ein Kupferkabel,
31 ein Glasfaserkabel, ein Breitbandkabel oder ausschließlich
32 über Funk an die dahinter liegenden Netzebenen angebunden
33 sein. Anbieterseitig wird heute bei der Bezeichnung der
34 „Bandbreite“ entweder die Gesamtbandbreite unter Einschluss
35 reservierter Bereiche für dedizierte Dienste oder lediglich
36 die Bandbreite ohne dedizierte Bereiche angegeben.
37
38 Ausgehend von dem Gedanken des Diensteanschlusses zeigt
39 sich, dass die Begriffe der „Diskriminie-rungsfreiheit“ und
40 des „Internetdienstes“ eine situationsbezogenen Bewertung im
41 Hinblick auf das Verhältnis der Behandlung geschlossener
42 Services der Netzbetreiber im Verhältnis zu Angeboten aus
43 dem offenen Internet erfordern. Will man etwa zu den
44 Internetdiensten in einem weiten Verständnis auch die auf
45 der Endkunden-Infrastruktur realisierten dedizierten Dienste
46 eines Netzbetreibers, etwa Telefonie, Fernsehpakete oder
47 On-Demand-Bibliotheken zählen, könnte das
48 Diskriminierungsverbot so interpretiert werden, dass solche
49 exklusiven Dienste schon deshalb ausgeschlossen wären, da
50 deren exklusive Bereitstellung durch den einzelnen
51 Internet-Service-Provider zwangsläufig eine
52 Un-gleichbehandlung sämtlicher anderer Anbieter bedeuten
53 muss. Davon abgestuft könnte außerdem die Forderung
54 abgeleitet werden, auch anderen Anbietern im Sinne von
55 Zugangsverpflichtungen die Realisierung solcher dedizierter
56 Dienste über das eigene Netz zu ermöglichen.
57
58 Die politisch-regulatorisch Fragestellung ist daher, in
59 welchem Umfang und zu welchen Bedingungen im Rahmen der zur
60 Verfügung gestellten Gesamtinfrastruktur neben der Nutzung
61 geschlossener eige-ner Services der Netzbetreiber die
62 Nutzung vergleichbarer Dienste ermöglicht werden muss.
63 Konkreter könnte etwa die Frage formuliert werden: Bleibt es
64 dem Kunden umfassend möglich, neben dem Empfang des
65 exklusiven IPTV-Angebots oder der Nutzung des integrierten
66 On-Demand-Services vergleichbare webbasierte Services
67 anderer Diensteanbieter auf Ebene des offenen Internet über
68 den eigenen Anschluss zu nutzen?
69 Dabei lässt sich regulatorisch noch weiter danach
70 differenzieren, ob eine Realisierung auf der offenen
71 Infrastruktur des „Internet“ genügt oder eine
72 Zugangsverpflichtung ggü. Dritten als dedizierter Dienst
73 notwendig ist.
74
75 In den bisherigen Erklärungen der Netzbetreiber wird die
76 Nichtbeschränkung vergleichbarer Dienste im World Wide Web
77 nicht in Frage gestellt. Lediglich soll es aus Sicht der
78 Netzbetreiber möglich sein, vom Endkunden hierfür in Form
79 von Qualitätsklassen differenziert bepreiste Tarife
80 verlangen zu kön-nen. Damit soll den unterschiedlichen
81 Bandbreiten- bzw. Qualitätsanforderungen verschiedener
82 Dienstkategorien Rechnung getragen werden. Entsprechende
83 diensteklassenbasierte Preismodelle könnten etwa
84 Gaming-Pakete mit optimierten Latenz- und Jitter-Parametern
85 oder HD-Video-Pakete mit einer garantierten Bandbreite für
86 verzögerungsfreien Konsum entsprechender Inhalte aus dem WWW
87 beinhalten, während in Basispaketen derartige
88 Leistungsmerkmale gerade nicht garantiert würden. Ein
89 solcher Fall könnte auch bei einer gesonderte Bepreisung von
90 VoIP-Diensten im Rahmen des Mobilfunkanschlusses vorliegen,
91 wenn hiermit tatsächlich eine besondere Qualitätsgarantie
92 für den erst durch die Zuzahlung (brauchbar) nutzbaren
93 Dienst einhergeht.
94
95 In diesem Kontext ist zu betonen, dass dieses innerhalb des
96 Zugangs zum offenen Internet eine be-vorzugte Behandlung
97 bestimmter Dienstkategorien gegenüber anderen
98 Inhaltskategorien zur Folge haben kann. Aus der Erfordernis,
99 neben eigenen dedizierten Services auch die Verfügbarkeit
100 ähnlicher im offenen Internet agierenden Dienste Dritter für
101 den Endkunden zu ermöglichen, kann für den Netzbetreiber die
102 Notwendigkeit einer Abweichung vom reinen
103 Best-Effort-Prinzip folgen, um ggf. die notwendige Qualität
104 bestimmter Dienstekategorien für den Endkunden sicherstellen
105 zu können.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Eine besondere Perspektive ergibt sich daraus, dass immer
2 mehr Dienste, die früher anders technisch realisiert wurden,
3 auf das IP-Protokoll umgestellt werden („All IP“). Dies gilt
4 für Fernsehen (IP-TV) gleichermaßen wie für die
5 Sprachtelefonie (Voice over IP / VoIP) oder auch einige
6 Video- oder Music-on-Demand-Dienste. Diese Angebote stehen
7 technisch teils als dedizierte Dienste neben dem World Wide
8 Web als einem weiteren IP-basierten Dienst. Innerhalb des
9 WWW gibt es wiederum Dienste mit vergleichbaren Angeboten,
10 die von den Nutzern entsprechend teils als Substitut
11 betrachtet werden, etwa WebTV oder Music- oder
12 Video-on-Demand-Dienste.
13
14 Der „Internetanschluss“ eines Kunden bedeutet damit bei
15 breitbandigen Anschlüssen heutzutage in der Regel die
16 Zurverfügungstellung einer technischen Infrastruktur, auf
17 der verschiedene Plattformen und Dienste bereitgestellt
18 werden können. Dazu zählen neben dem Zugang zum „offenen
19 Internet“ mit seinen verschiedenen Services[1] und
20 Protokollen insbesondere auch die beschriebenen dedizierten
21 IP-Services. In der Regel werden für diese dedizierten
22 Dienste Bandbreiten im Anschlussnetz reser-viert, d.h.
23 dieser reservierte Teil steht zumindest bei laufendem Dienst
24 für andere Dienste, etwa die sonstige Internetnutzung, nicht
25 zur Verfügung.
26
27 Der „Internetanschluss“ ist heute faktisch somit ein
28 „Diensteanschluss“ für verschiedenste Services, wobei die
29 technisch zugrunde liegende Zugangs-Infrastruktur
30 differieren kann. Ein Kunde kann z.B. über ein Kupferkabel,
31 ein Glasfaserkabel, ein Breitbandkabel oder ausschließlich
32 über Funk an die dahinter liegenden Netzebenen angebunden
33 sein. Anbieterseitig wird heute bei der Bezeichnung der
34 „Bandbreite“ entweder die Gesamtbandbreite unter Einschluss
35 reservierter Bereiche für dedizierte Dienste oder lediglich
36 die Bandbreite ohne dedizierte Bereiche angegeben.
37
38 Ausgehend von dem Gedanken des Diensteanschlusses zeigt
39 sich, dass die Begriffe der „Diskriminie-rungsfreiheit“ und
40 des „Internetdienstes“ eine situationsbezogenen Bewertung im
41 Hinblick auf das Verhältnis der Behandlung geschlossener
42 Services der Netzbetreiber im Verhältnis zu Angeboten aus
43 dem offenen Internet erfordern. Will man etwa zu den
44 Internetdiensten in einem weiten Verständnis auch die auf
45 der Endkunden-Infrastruktur realisierten dedizierten Dienste
46 eines Netzbetreibers, etwa Telefonie, Fernsehpakete oder
47 On-Demand-Bibliotheken zählen, könnte das
48 Diskriminierungsverbot so interpretiert werden, dass solche
49 exklusiven Dienste schon deshalb ausgeschlossen wären, da
50 deren exklusive Bereitstellung durch den einzelnen
51 Internet-Service-Provider zwangsläufig eine
52 Un-gleichbehandlung sämtlicher anderer Anbieter bedeuten
53 muss. Davon abgestuft könnte außerdem die Forderung
54 abgeleitet werden, auch anderen Anbietern im Sinne von
55 Zugangsverpflichtungen die Realisierung solcher dedizierter
56 Dienste über das eigene Netz zu ermöglichen.
57
58 Die politisch-regulatorisch Fragestellung ist daher, in
59 welchem Umfang und zu welchen Bedingungen im Rahmen der zur
60 Verfügung gestellten Gesamtinfrastruktur neben der Nutzung
61 geschlossener eige-ner Services der Netzbetreiber die
62 Nutzung vergleichbarer Dienste ermöglicht werden muss.
63 Konkreter könnte etwa die Frage formuliert werden: Bleibt es
64 dem Kunden umfassend möglich, neben dem Empfang des
65 exklusiven IPTV-Angebots oder der Nutzung des integrierten
66 On-Demand-Services vergleichbare webbasierte Services
67 anderer Diensteanbieter auf Ebene des offenen Internet über
68 den eigenen Anschluss zu nutzen?
69 Dabei lässt sich regulatorisch noch weiter danach
70 differenzieren, ob eine Realisierung auf der offenen
71 Infrastruktur des „Internet“ genügt oder eine
72 Zugangsverpflichtung ggü. Dritten als dedizierter Dienst
73 notwendig ist.
74
75 In den bisherigen Erklärungen der Netzbetreiber wird die
76 Nichtbeschränkung vergleichbarer Dienste im World Wide Web
77 nicht in Frage gestellt. Lediglich soll es aus Sicht der
78 Netzbetreiber möglich sein, vom Endkunden hierfür in Form
79 von Qualitätsklassen differenziert bepreiste Tarife
80 verlangen zu kön-nen. Damit soll den unterschiedlichen
81 Bandbreiten- bzw. Qualitätsanforderungen verschiedener
82 Dienstkategorien Rechnung getragen werden. Entsprechende
83 diensteklassenbasierte Preismodelle könnten etwa
84 Gaming-Pakete mit optimierten Latenz- und Jitter-Parametern
85 oder HD-Video-Pakete mit einer garantierten Bandbreite für
86 verzögerungsfreien Konsum entsprechender Inhalte aus dem WWW
87 beinhalten, während in Basispaketen derartige
88 Leistungsmerkmale gerade nicht garantiert würden. Ein
89 solcher Fall könnte auch bei einer gesonderte Bepreisung von
90 VoIP-Diensten im Rahmen des Mobilfunkanschlusses vorliegen,
91 wenn hiermit tatsächlich eine besondere Qualitätsgarantie
92 für den erst durch die Zuzahlung (brauchbar) nutzbaren
93 Dienst einhergeht.
94
95 In diesem Kontext ist zu betonen, dass dieses innerhalb des
96 Zugangs zum offenen Internet eine be-vorzugte Behandlung
97 bestimmter Dienstkategorien gegenüber anderen
98 Inhaltskategorien zur Folge haben kann. Aus der Erfordernis,
99 neben eigenen dedizierten Services auch die Verfügbarkeit
100 ähnlicher im offenen Internet agierenden Dienste Dritter für
101 den Endkunden zu ermöglichen, kann für den Netzbetreiber die
102 Notwendigkeit einer Abweichung vom reinen
103 Best-Effort-Prinzip folgen, um ggf. die notwendige Qualität
104 bestimmter Dienstekategorien für den Endkunden sicherstellen
105 zu können.

Vorschlag

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