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Gesamtkonzept für Netzneutralität


Dieses Gesamtkonzept soll mit einfachen und verständlichen Regeln sicherstellen, dass die Netzneutralität gewahrt bleibt. Insbesondere soll verhindert werden, dass Datenpriorisierung nur aufgrund mangelnden Netzausbaus oder um den Kunden einzuschränken eingesetzt wird, ohne jedoch sinnvolle Priorisierung zu verhindern.

Für alle Netzanschlüsse sollen folgende Regeln gelten:

  • Eine Priorisierung nach Absender oder Empfänger ist unzulässig.

  • Höchstens 10% der verfügbaren Kapazität innerhalb des Providernetzes dürfen für priorisierten Datenverkehr verwendet werden

  • Priorisierung ist nur zulässig, um Protokolle, die strenge Anforderungen an die Verbindungsqualität (insbesondere Verzögerung) haben (z. B. VoIP), zu bevorzugen.

  • Priorisierung muss offengelegt werden.

  • Einzelne Protokolle und Arten von Datenverkehr dürfen nicht gezielt behindert oder blockiert werden (z. B. VoIP, BitTorrent).

  • Die Priorisierung von Daten eines Kunden (gegenüber Daten des gleichen Kunden) auf der Verbindung zum Kunden ist auf Wunsch des Kundens zulässig

Für kabelgebundene Anschlüsse sollen zusätzlich folgende Regeln gelten:

  • In Angeboten für kabelgebundene Internetzugänge (DSL, Fernsehkabel, Glasfaser, ...) dürfen keine Maximalgeschwindigkeiten genannt werden, sondern nur zugesicherte (Mindest-)Geschwindigkeiten.

  • Diese Geschwindigkeiten müssen im Jahresmittel zu mindestens 95% der Zeit erfüllt werden - für sämtliche Dienste. Dies wird von der Aufsichtsbehörde (BNetzA) kontrolliert. Bei Verletzungen kann der Anbieter entweder unaufgefordert allen betroffenen Kunden eine Entschädigung zahlen (die die Kosten des Anschlusses für den betroffenen Zeitraum deutlich übersteigt), oder er muss eine noch höhere Strafe zahlen.

Begründung: Ist genug Bandbreite vorhanden, ist Priorisierung unnötig. Bei kabelgebundenen Anschlüssen ist es möglich, eine stabile Bandbreite bereitzustellen. Priorisierung würde hier nur dazu dienen, unzureichenden Ausbau (bzw. den Verkauf von mehr Bandbreite als vorhanden) zu ermöglichen.

Selbstverständlich muss kein Anbieter in seinem Backbone so viel Bandbreite haben, dass alle Kunden gleichzeitig die Leitung voll ausnutzen können - weil dieser Fall nicht eintrifft. Er muss aber genug Bandbreite vorhalten, um praktische Nutzungsmuster abzudecken. Für besondere Lastspitzen ist mit der 95%-Regel gesorgt: Diese entspricht 438 Stunden im Jahr, in denen das Netz überlastet sein darf - also mehr als ein Stunde pro Tag. Da das Netz den Rest der Zeit aber stark genug sein muss, um den Bedarf zu decken, werden eine drastische Unterversorgung und somit auch allzu starke Leistungseinbrüche in den betroffenen Zeiten verhindert.

Maßvolle Priorisierung ermöglicht auch in Überlast-Zeiten sowie in Mobilnetzen die Nutzung von VoIP und ähnlichen Diensten, die bereits durch geringe Verzögerungen Probleme bekommen.

Bei Mobilanschlüssen ist die zur Verfügung stehende Bandbreite begrenzt und stark schwankend. Auf eine Regulierung zu verzichen kommt jedoch auch hier nicht in Frage, da diese Anschlüsse zunehmend an Bedeutung gewinnen, gleichzeitig aber von inakzeptablen Priorisierungs- und Filtermaßnahmen betroffen sind: Mobilfunknetzbetreiber filtern oder behindern teilweise VoIP-Verbindungen, um die Nutzer zur Benutzung der teuren Sprachtarife zu zwingen. Das Verbot, einzelne Protokolle zu behindern, zielt auf dieses Problem sowie eventuelle Versuche, trafficlastige Dienste (auch bei Kabelanschlüssel in Spitzenzeiten) zu behindern, ab.

Die Beschränkung des priorisierten Datenverkehrs auf 10% der Netzkapazität stellt sicher, dass nicht alles bis auf unliebsame Dienste priorisiert wird, und auch für nicht-priorisierte Dienste genug Bandbreite übrigbleibt, ohne gutartige Priorisierung zu verhindern.

Das Verbot der Priorisierung nach Absender oder Empfänger stellt den Kern der Netzneutralität sicher und verhindert beispielsweise, dass ein Internetprovider zusätzliches Geld für den Zugriff auf bestimmte Dienste (sei es vom Diensteanbieter oder vom Kunden) verlangt. Auch wird damit verhindert, dass ein Provider beispielsweise einen eigenen priorisierten und gut erreichbaren VoIP-Dienst anbietet, während konkurrierende VoIP-Dienste unbrauchbar sind.

Die ausdrückliche Erlaubnis der Priorisierung "innerhalb" der Daten eines Kunden vermeidet Missverständnisse und macht klar, dass diese Art der nützlichen und unproblematischen Priorisierung zulässig ist. Sie erleichtert es lediglich, die (begrenzte) Bandbreite zwischen Kunde und Internetprovider optimal zu nutzen und stellt insbesondere klar, dass das von vielen Endkunden-Routern durchgeführte sinnvolle Traffic-Shaping für den Anschluss sowie ggf. eine ähnliche Regelung für den Downlink weiter möglich sind.


Diskussionen

  • cschoen ist dagegen
    +4

    10% Priorisierung? Das heißt dann natürlich, daß 100% durch DPI laufen. Wer sagt denn, welche Protokolle Priorisierung verdienen? Du willst VoIPen, andere wollen zocken (WoW, Börse,...), schwedische Ärzte Hunde in Australien operieren? Das Telekomvideoangebot ist doch for dem YouTube-Format zu priorisieren, oder war es andersrum? Wer glaubst Du kann kontrollieren, daß nur 10% geshaped werden??

    Davon abgesehen ist Dein Vorschlag widersprüchlich. Wenn Du meinst, daß VoIP priorisiert werden darf, dann bedeutet das, daß andere Protokollarten eben in diesem Augenblick behindert werden.

  • Autolykos ist dafür
    0

    Sinnvolle Mindestanforderungen, gut dargestellt. Mehr zu bekommen wäre schön, weniger wäre ein Desaster.

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